Abschied von der Partnerschaft

Der Weg auf den chinesischen Markt führte in den vergangenen 20 Jahren meist über ein Joint Venture. Doch längst nicht alle Gemeinschaftsunternehmen haben sich zum Vorteil beider Seiten entwickelt. Bleibt als Lösung nur der Ausstieg, wird es oft schwierig.

Falsche Entscheidungen bei der Wahl des Partners oder der Strategie stellen inzwischen viele ausländische JV-Partner vor die Herausforderung, bestehende JV beenden oder in alleinige Tochtergesellschaften (WFOEs) umwandeln zu wollen. Welcher Weg dafür der beste ist – ob ein Liquidationsverfahren, eine Kündigung oder ein Buy-out des chinesischen Partners – muss im Einzelfall entschieden werden. Die Entscheidung hängt insbesondere von den unternehmerischen Zielen des ausländischen JV-Partners ab.

Trennung nach Gesetz

Im Falle der Überschuldung bietet ein Insolvenzverfahren eine Möglichkeit zur Beendigung eines JV. Hierzu muss ein Insolvenzantrag an das zuständige Gericht gestellt werden. Auch Verstöße gegen Gesetze und Verwaltungsvorschriften können dazu führen, dass ein JV durch Anordnung eines Gerichts oder der zuständigen Behörde aufgelöst wird. Doch alle gesetzlichen Beendigungsgründe führen zu einer Auflösung der Gesellschaft und sind damit ein ungeeignetes Mittel, wenn einer der JV-Partner das Unternehmen fortführen möchte.

Vertragsgerechtes Ende

Die einfachste, jedoch in der Praxis nur selten auftretende Form der Beendigung ist das vertraglich festgelegte Ende des JV. Die Parteien können bei Gründung des JV vereinbaren, dass ihr Gemeinschaftsunternehmen nur für eine bestimmte Zeit existieren soll. In einigen Branchen verlangen die gesetzlichen Bestimmungen gar eine Befristung des JV. In der Regel werden JV-Verträge allerdings – soweit zulässig – auf unbestimmte Zeit geschlossen.

In internationalen JV-Verträgen sind stets Regelungen über Kündigungen und andere Beendigungsgründe enthalten. Leider wird auf die Gestaltung dieser Vertragsbestandteile bei Gründung eines JV selten ausreichend Zeit verwandt. Schließlich richten die Partner ihre Gedanken zum Zeitpunkt der Gründung auf die künftige Zusammenarbeit sowie gemeinsame Erfolge und nicht auf die Möglichkeit eines wirtschaftlichen Scheiterns. Gerade jene vertraglichen Regelungen zur Beendigung können jedoch von großer Wichtigkeit sein. Denn die gesetzlichen Auflösungsgründe greifen in der Praxis häufig nicht und der Erwerb der Anteile des Partners über einen Buy-out kann eine äußerst kostspielige Angelegenheit werden.

Grundsätzlich kann ein JV durch Kündigung des JV- Vertrages oder des Gesellschaftsvertrages beendet werden. Als Kündigungsgründe werden vielfach der mangelnde wirtschaftliche Erfolg und/oder ein schwerwiegender Vertragsbruch vereinbart. Häufig wird auch das Nichterreichen der beabsichtigten Geschäftsziele als Auflösungsgrund vereinbart. Hierbei ist es wichtig, präzise Definitionen der Ereig- nisse zu vereinbaren, um Streitigkeiten über das Vorliegen von Kündigungs- oder Auflösungsgründen zu vermeiden.

Lassen sich mangels Vorliegen von Gründen weder der JV-Vertrag noch der Gesellschaftsvertrag kündigen, ist noch an die Möglichkeit der Kündigung bestehender schuldrechtlicher Verträge des JV mit der ausländischen Muttergesellschaft zu denken. Betroffen wären hier insbesondere vorhandene Vertriebsverträge, Lizenzverträge und Know-how-Übertragungsverträge. Durch die Kündigung schuldrechtlicher Verträge kann erreicht werden, dass das JV seine operative Tätigkeit einstellen muss. Die hier- durch entstehenden Schäden sind jedoch nicht unbedingt erwünscht. Eine mögliche Kündigung kann daher auch nur als Druckmittel bei der Verhandlung eines Kaufpreises für ein Buy-out genutzt werden.

Eine weitere Option zur Beendigung eines JV ist die einvernehmliche Liquidation der Gesellschaft. Im Liquidationsverfahren müssen zuerst alle Verbindlichkeiten getilgt werden. Danach kann das Restvermögen an die Parteien entsprechend ihrem Beteiligungsanteil verteilt werden. Für den Liquidationsbeschluss wird üblicherweise jedoch die Zustimmung des chinesischen Partners erforderlich sein, welche er nur selten erteilen wird, da die Zustimmung zur Liquidation dem chinesischen Partner in der Regel keine Vorteile – insbesondere keinen Gewinn – bringt.

Ausstieg durch Buy-out

Die meistverbreitete Form zur Beendigung eines Joint Ventures ist der sogenannte Buy-out – also der Kauf der Anteile eines JV-Partners durch den anderen. Ein Buy-out kommt in

Betracht, wenn eine Lösung aus einem JV mittels vertraglicher oder gesetzlicher Beendigungsgründe nicht möglich oder negativer Folgen wegen nicht gewollt ist. Häufig möchte der ausländische JV- Partner das Joint Venture nicht beenden, liquidieren oder in die Insolvenz führen, sondern es alleine weiter betreiben und so- mit bestehende Schwierigkeiten mit dem chinesischen Partner beenden.

Bei einem Buy-out in China sind die aus 2006 stammenden „Vorschriften zur Übernahme chinesischer Unternehmen“ zu beachten, welche die „Intern Regulations“ aus 2003 erweitern. Aufgrund der neueren Vorschriften sind in sehr viel mehr Buy-out-Fällen als früher Genehmigungen durch die Staatsregierung einzuholen.

Die Übernahme der Anteile an einem JV durch den aus- ländischen JV-Partner ist nur in Form der Anteilsübertragung („Share Deal“) möglich und zulässig. Der ausländische JV-Partner übernimmt daher stets die bestehenden Forderungen und Verbindlichkeiten.

Um einen Buy-out durchzuführen, müssen sich die Anteilseigner des JV zunächst dem Grundsatz nach auf einen Verkauf der Anteile eines Partners an den anderen einigen. In der Regel ist hierfür eine 2/3-Mehrheit notwendig. Falls ein Unternehmen mit Staatsanteilen von dem ausländischen JV-Partner aufgekauft werden soll, erfolgt die Zustimmung auf chinesischer Seite durch die stimmberechtigte, verwaltende Behörde. Daneben ist eine Genehmigung durch das Handelsministerium (MOFCOM) einzuholen.

Die Übereinkunft mit dem chinesischen JV-Partner beinhaltet im Unterschied zu anderen Ländern zunächst nicht zwingend einen festen Kaufpreis, sondern nur den generellen Willen zum Verkauf an den ausländischen JV-Partner. Bei JV mit Staatsanteilen ist – abhängig von der Form der staatlichen Beteiligung – auch eine Zustimmung oder Anhörung der Mitarbeiter des JV für ein Buy-out notwendig.

Knackpunkt Kaufpreis

Besonders wichtig ist bei einem Buy-out die Ermittlung des Kaufpreises. Die „Vorläufige Verwaltungsmethode für Transaktionen von Staatsunternehmen“ aus dem Jahr 2004 sieht drei verschiedene Varianten zur Ermittlung des Kaufpreises vor: Die Vereinbarungsübernahme, das Bieterverfahren und die Versteigerung. Zwar gilt dieses Gesetz an sich nur für Staatsunternehmen. Es findet jedoch auch in Fällen mit nichtstaatlicher Beteiligung Anwendung.

Die Vereinbarungsübernahme darf nur angewendet wer- den, wenn sich entweder nach einer öffentlichen Ausschreibung der zu übertragenden Anteile nur ein Interessent für die Übernahme bewirbt oder aber die zuständige Behörde ihre Zustimmung erteilt. Sind zwei oder mehr Bewerber für die Übernahme eines Anteils vorhanden, müssen eine Versteigerung oder ein verdecktes Bieterverfahren durchgeführt werden. Der hierdurch gefundene Preis ist jedoch nicht endgültig, sondern bedarf wiederum staatlicher Genehmigung. Voraussetzung ist eine „faire und anständige“ Preisbildung. Diese wird überprüft, indem eine unabhängige Bewertungsagentur eine Bewertung durchführt. Ein Preis unterhalb der Bewertung ist gegenüber den Behörden in der Regel nicht durchsetzbar.

Wenn die Zustimmung der Anteilsinhaber zum Buy-out erteilt und der Übernahmepreis ermittelt ist, erfolgt die in China übliche Machbarkeitsstudie (Feasibility Study). Das Vorhaben wird nun erneut durch die Behörden geprüft. Diese Begutachtung sollte innerhalb von 45 Tagen abgeschlossen sein. Vor Erteilung der behördlichen Genehmigung ist die Unterzeichnung des Übernahmevertrags unzulässig. Die Umwandlung eines JV in eine alleinige Tochtergesellschaft endet mit der Registrierung des Unternehmens und mit der Ausstellung einer neuen Business License.

Für den ausländischen Investor ist es hilfreich und empfehlenswert, sich schon bei der Gründung eines JV Gedanken über den Ausstieg und eine entsprechende Vertragsgestaltung zu machen. Bei dem Wunsch nach einem Ausstieg aus einem bereits bestehenden JV sollten zunächst alle in Betracht kommenden Ausstiegsszenarien durchgespielt und anhand der bestehenden Verträge geprüft werden, um die beste Ausstiegsalternative zu ermitteln.

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